Sonntag, 30. Juni 2013

Heimaturlaub in Waldenrath

Von Sydney und über Tokio ging die Reise weiter ins beschauliche Waldenrath, wo in diesen Tagen das Dekanatsschützenfest anstand. Die Vorfreude in der Familie auf das Wiedersehen war groß!
 
Als langjährigem Präsidenten der Schützenbruderschaft war meinem Vater die Schirmherrschaft der Veranstaltung angetragen worden, die er natürlich auch voller Stolz annahm. Mutter konnte endlich wieder für mich im "Hotel Mama" sorgen und mich bekochen. Und ich konnte die Baustelle des Eigenheims meines Bruders Mike und seiner Freundin Anne sehen, um endlich ein Bild von den Ausmaßen zu bekommen, und sogar mehr oder weniger tatkräftig ein paar Stunden auf dem Bau helfen.
 
Zwölf Tage Heimaturlaub bedeutete für mich dann auch, viele Freunde aus alten Zeiten wiederzusehen. Die Begrüßung von meinem Patenkind Ida, der ich diesmal ein Bondi Rescue Lifesaver Shirt mitgebracht hatte, war sehr herzlich. Sie kann mir inzwischen Australien auf dem Globus zeigen. Bei Stefan & Sarah schlug ich abends spontan auf ein Bier auf. Raimund & Daniela mit dem kleinen Nils hatten mich zusammen mit den Mertens in der ersten Woche zu einem Grillnachmittag eingeladen. Dann ergab sich noch ein Treffen mit Robert und Michi, die gerade aus ihrem Schwedenurlaub zurückgekehrt waren. Ich weihte sie in die Gedankenspiele für unsere Reise zur WM 2014 nach Brasilien ein und wie nicht anders zu erwarten, waren beide auch von der Idee zu begeistern. Sebastian & Svenja luden mich in der zweiten Woche auch zum Grillen ein, damit ich den Geruch von BBQ nicht vergessen sollte. An einem heißen Sonnentag kam es in Köln auch zur Zusammenkunft mit meinem Aussie mate Fabian, den ich bereits in Perth kennengelernt hatte und der auch einige Zeit in Sydney verbracht hatte. Mit ihm gibt es immer was zu lachen und es war auch gut, in der Zeit mit Jemandem zu reden, der die Situation hier kennt.    
 
Achja, und dann war ja da noch das Schützenfest! Mit dem Königspaar Ralf & Ulrike auf der Straße war unsere Straße zur Königsallee geworden. Als ehemaliger Nachbar und weitangereister Gast wurde ich ganz herzlich Willkommen und vom König persönlich zu allen Feierlichkeiten und Festlichkeiten eingeladen. Was das bedeutet können sich die meisten natürlich denken - vier Tage Vollgas und das obwohl ich doch eher Genusstrinker bin. Mit einem oder gleich mehreren Glas Bier in der Hand traf ich daher ganz viele alte Freunde, Weggefährte und Bekannte und lernte auch ein paar neue Leute kennen, die sich für meine Geschichte und das Leben in Australien interessierten, so dass ich gerne als Botschafter für Tourism Australia agierte.
 
Beim Heimatabend am Freitag Abend, der von "Dorfsleuten" gestaltet wurde, bezog mein Vater mich in seine Rede ein. Der abschließende Zapfenstreich an der Kirche mit Musikverein, Trommlercorps, Schützen und den Fackelträgern der Feuerwehr in der Dämmerung war ein einmaliges Erlebnis. Samstag nach dem Königsbier ging es dann auf das Zelt zum Diskoball, wie in alten Zeiten, wo ich auch Steffi und Andrea wieder traf. Den großen Festumzug am Sonntag schauten wir mit der Familie und Nachbarn an der Straßenecke, so dass auch Daniel und Rene mit Familie bei mir waren. Danach brauchte ich erst mal aber auch eine kleine Auszeit vom Trubel. Der Frühschoppen am Montag mit Raimund, Daniela, Stefan, Sarah und Vera mit Kindern ging direkt in den Nachmittagsaufzug über. Das gab mir auch die Gelegenheit mit den alten Kollegen von der Hornpartie Frank, Franz, Bennie und Christian wieder an der Theke zu stehen.
 
Ihr könnt euch sicher denken, dass die Zeit in der Heimat, wie im Flug verging, wenn man das hier so liest. Es war auch eine interessante Erfahrung für mich zu sehen, wie unterschiedlich Menschen, die mich für längere Zeit nicht gesehen hatten, verschiedenen Kenntnisstand von meinem Leben in Australien haben und auch unterschiedliche Horizonte haben (ohne das irgendwie wertend zu meinen), auf mich reagiert haben. Und auch ich selbst habe mich etwas anders erfahren, was für mich schwer zu erklären und zu beschreiben war, bis ich dieser Tage auf Facebook auf folgende Weisheit stieß, die Lisa eine Deutsche, die mit uns nach Port Stephens war und danach Australien bereiste, teilte: "You will never be completely at home again, because part of your heart will always be elsewhere. That is the price you pay for the richeness of loving and knowing people in more than one place."

Mir fällt zum Beispiel jetzt auf, dass ich gar keine Bilder mit meiner eigenen Kamera gemacht habe von meinem Heimaturlaub und unserem Wiedersehen. Das ist geschehen, weil ich versucht habe es als "normal" anzusehen, in der Heimat oder gar zu Hause zu sein und von "normalen" Anlässen mache ich selten Fotos. Doch es ist nicht mehr normal "nach Hause" zu kommen und das Gefühl kann man auch nicht erzwingen. Diesen Preis werde ich wohl den Rest meines Lebens zahlen und das muss ich akzeptieren. Ich habe mich bewusst für diese Erfahrung entschieden, möchte andere Teile der Welt sehen und andere Kulturen kennenlernen. Ich freue mich zu wissen, Freunde in der Heimat in Deutschland zu haben, die mich nicht vergessen, Freunde in Australien zu haben, mit denen ich in den letzten zwei Jahren so viel erlebt habe, und interessante Leute in anderen Ländern zu kennen, die meinen Weg irgendwann und irgendwo gekreuzt haben. Es wird Zeit, über den Sommerurlaub - in fremden Ländern oder Australien - nachzudenken...

Samstag, 8. Juni 2013

Konichiwa Tokyo: Stopover auf dem Weg nach Deutschland

Lange Zeit habe ich hier nichts mehr von mir hoeren lassen, da ich etwas schreibfaul geworden bin. Wenn ich Emails und Texte auf deutsch schreibe, merke ich inzwischen, dass ich manchmal nach den passenden Wörtern suchen muss oder sich häufiger auch Fehler im Satzbau einschleichen. Aber ich denke, dass nehmt ihr mir nicht übel. 
 
Da es von den letzten Wochen doch das ein oder andere zu erzählen gibt, fange ich mal wieder an in chronologischer Reihenfolge....
 
Im Juni stand ein zweiwöchiger Heimaturlaub in Deutschland an. Als ich im September 2011 Deutschland und meinem Heimatdorf Waldenrath das zweite mal den Rücken zukehrte, um ein Abenteuer Down Under zu starten, wusste ich nicht, wie das Ganze verlaufen wird - ob es nur ein längerer Urlaub, ein längerer Auslandsaufenthalt zum Work & Travel oder gar ein Auswanderungsversuch werden würde. Doch wenn immer mich jemand fragte, wann wir uns denn das nächste mal wiedersehen werden, sagte ich damals, dass ich vermutlich zum Heimat- und Dekanatsschützenfest 2013 mal wieder im Ort sein werde.
 
Und so kam es dann auch in diesem Jahr, dass ich meinen australischen "Winterurlaub" im deutschen Sommer bei meiner Familie verbrachte. Als ich Anfang des Jahres den Flug dafür gebucht hatte, suchte ich nach Möglichkeiten, einen Stopover einzulegen, um neu und interessante Orte zu sehen. So führte mich mein Weg von Sydney über Tokyo nach Frankfurt. Die Reise über Tokyo ist sicherlich nicht die schnellste und günstigste Verbindung zwischen Ozeanien und Deutschland, doch während eines zweieinhalbtägigen Stopovers konnte ich so viele neue Eindrücke sammeln, dass es sich tatsächlich wie ein Urlaub anfühlte. Nicht zuletzt hatten dazu Sachiko von Tokyo Free Guide und das tolle japanische Sommerwetter beigetragen. 
 
Völlig unvorbereitet stolperte ich 3 Tage vor dem Abflug nach Tokyo über "Walking Tours" in Tokyo. In Europa und Australien hatte ich mit diesen Stadtführungen, bei denen Freiwillige gegen ein kleines Trinkgeld ihre Stadt zeigen, gute Erfahrung gemacht. In Tokyo bewirbt man sich, vor der Ankunft online um einen Guide (empfohlen wird 2-3 Wochen vor der Ankunft Kontakt aufzunehmen) und wird, wenn man wie ich Glück hat, von einem dieser Freiwilligen ausgewählt, die dann eine private Tour durchführen und dabei auf die individuellen Wünsche der Gäste eingehen. Dies war eine super Erfahrung und Tokyo Free Guide kann ich jedem Reisenden nur weiterempfehlen.
 
Nachdem ich in Tokyo am Samstag angekommen war und die erste Begegnung mit einem Zivilpolizisten am Flughafen hatte, der mit seinem cartoonartigen Begrüßungszettel sowie seinem Notizbuch und Bleistift nicht wirklich glaubwürdig erschien, als er Probleme hatte, meinen internationalen Reisepass zu lesen und mit einem Lächeln nach meinen persönlichen Daten fragte, fuhr ich mit dem Shuttlebus nach Shibuya, wo ich mich auf Empfehlung des Lonely Planets ins Granbell Hotel eingebucht hatte. Während die Toiletten am Flughafen eher spartanisch waren und ich dort die ersten kulturellen Unterschiede feststellen konnte, konnte ich die hypermoderne Hoteltoilette mit Sitzheizung und Waschdrüse nutzen, als ich mich vor der Stadtführung frisch machte.
 
Um 10 Uhr traf ich Sachiko, meine private Stadtführerin, die mir an diesem Tag für mehr als 9 Stunden (!) ihr Tokyo zeigte. Das ganze unentgeltlich - das einzige was die Guides erwarten, ist das man ihnen die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zahlt und ein Mittagessen spendiert. Da Sachiko auch ein Jahr in Australien gelebt hatte, hatte sie mich ausgewählt und war über das Mitbringsel aus Australien sehr erfreut. Erst einmal erklärte sie mir das öffentliche Verkehrssystem, das recht komplex ist in dieser Metropole und auch nicht einfacher dadurch wird, dass an manchen Bahnstationen nur Karten in japanischer Schrift zu finden sind. Aber zum Glück war sie ja heute an meiner Seite.
 
Sachiko hatte eine Tour ausgearbeitet, die mir die Highlights ihrer Stadt zeigte. Tokyo ist so vielfältig und reich an Kultur, was ich in der kurzen Zeit zu sehen bekam war der Wahnsinn - buddhistische Tempelanlagen, Märkte mit frischem Fisch und Obst, traditionelle Sushi Restaurants, Mädels in Manga Kostümen in Einkaufsvierteln, verwinkelte Gassen mit kleinen Imbissbuden, die Freiheitsstatue vor der Skyline von Tokyo, einen künstlich angelegten Strand im Vergnügungspark, Ausblick über die Metropole von einem Bürogebäude, schrille Elektroreklame im Vergnügungsviertel...








 
Dabei erzählte mir Sachiko, die in ihrem Leben bereits weitgereist war, vom Leben in Japan und im Vergleich zu Australien. Dieser Tag mit so vielen neuen Eindrücken war der Hammer! Ich war überwältigt und lud Sachiko noch zum Abendessen in ein Ramen Restaurant ein, wo sie mir noch ein paar Tipps für den nächsten Tag mit auf den Weg gab.
 
Nach einem köstlichen japanischen Frühstück brach ich am nächsten Tag alleine auf, um die Stadt weiter zu erkunden. Zunächst mal ging ich zum Shibuya Crossing, einer Straßenkreuzung im Einkaufsviertel, an der Leute aus 6 Richtungen sternförmig aufeinander zulaufen. Am Sonntag Morgen war das noch weniger beeindruckend, aber das Foto vom Sonntag Abend spricht Bände.


 
Danach nahm ich die Metro in einen Park wo ich einen buddhistischen Tempel besuchte und anschließend ging es weiter zum Imperial Palace, wo der Kaiser von Japan residiert. Der Fischmarkt hatte am Nachmittag leider schon zu. Weiter ging es zu einem japanischen Garten mit Bonsaibäumen und dann zurück in die Einkaufspassagen von Shibuya, wo sich am Shibuya Crossing der Kreis dieses Tages wieder schloss und ich mich in mitten von tausenden Manschen wieder fand.






Ich hatte bisher nur wenig über Japan von anderen Reisenden gehört, kann einen Besuch aber absolut weiterempfehlen. Die Menschen hier sind sehr freundlich und hilfsbereit. Die Kultur ist so vielfältig, dass einem auch sicher nach einer Woche noch nicht langweilig wird. Es wird hoffentlich auch nicht mein letzter Besuch in Japan gewesen sein...